Heute wollen wir eine Runde rechnen. Keine Sorge, es wird nicht kompliziert. Aber doch verblüffend. Denn immer wieder höre ich (gerade von jungen Eltern), dass es doch nicht schlimm sei, in den Jahren der Elternzeit nichts zurück zu legen – was sind schon 1-3 Jahre pro Kind? Vor allem, wenn man doch jung und dynamisch ist und danach noch voll im Beruf durchstarten will. Nun, tatsächlich ist das eine ganze Menge. (Und falls Du noch keine Kinder hast, aber noch eine Weile studierst und dabei nichts zur Seite legst, dann gilt für Dich diese Rechnung auch…) Denn über die Zeit wird der Zinseszins echt mächtig.

Vorweg: Ich gönne euch allen die Elternzeit von Herzen. Sie ist wunderbar. Ich habe sie, entgegen all meiner Vorahnungen und leichten Anfangsschwierigkeiten, auch wahnsinnig genossen. Außerdem ist jede Familie, jedes Kind anders. Die Bedürfnisse für Elternzeit und beruflichen Wiedereinstieg sind sehr individuell. Darauf möchte ich hier auch gar nicht im Detail eingehen – wichtig ist: Mütter sparen sowieso schon zu wenig. Und in der Elternzeit muss dann wegen geringeren Einkommens auch noch an Kosten gespart werden. Diese Einsparungen sollten aber keines Falls aus eurer Sparrate kommen. Und jetzt zeige ich euch warum.

Zinsen und Zinseszins

Der beste Freund bei einer Geldanlage ist der Zinseszins. Und somit eigentlich die Zeit. Sicherlich ist der Effekt je nach Anlageklasse – also zum Beispiel Immobilien, Aktien oder Sparbuch – unterschiedlich groß, da der Zinssatz unterschiedlich ist. Aber das Konzept ist das gleiche. Mit jedem Jahr bekommt ihr Zinsen auf eure Sparsumme sowie auf alle Zinsen die ihr in den Jahren zuvor bekommen habt. Den Zins auf die Zinsen, den nennt man Zinseszins. (Vermutlich hattet ihr die zugehörige Rechnung und die Zinsformel übrigens schon in der Unterstufe der weiterführenden Schule – aber wer erinnert sich schon noch an Mathe…)

Rein hypothetisch und simpel gerechnet heißt das bei 10% Zinsen:

Jahr 1: 01. Januar Kontostand 100€ -> 31. Dezember 10% = 10€ Zinszahlung erhalten.
Jahr 2: 01. Januar Kontostand 110€ -> 31. Dezember 10% = 11€ Zinszahlung erhalten.
Jahr 3: 01. Januar Kontostand 121€ -> 31. Dezember 10% = 12,10€ Zinszahlung erhalten.
…und so führt sich das ganze immer weiter fort.

Wahrscheinlich lachst Du jetzt und denkst: „Klasse, auf 12,10€ verzichtet in 3 Jahren. Das würde mir die Rente sichern.“ Aber wir sprechen in der Realität ja nicht von einer 100€ Einmaleinzahlung auf Dein Konto, die dann deine Rente retten soll. Das sollte lediglich das Konzept erklären. Wenn es um Deine Vorsorge geht, sollte ein bisschen mehr schon drin sein.

Der Zinseszins-Effekt bei Aktien sieht übrigens ähnlich aus. Da bekommt man zwar keine Zinsen ausgezahlt, aber die jährlichen prozentualen Steigerungen der Aktien- oder ETF-Preise gibt es eben auch auf die Steigerungen der letzten Jahre…

Regelmäßige Sparrate im Laufe der Zeit

Regelmäßiges Sparen beflügelt den Zinseszins.
Regelmäßiges Sparen beflügelt den Zinseszins.

Am besten spart es sich, wenn man für den Anfang des Monats eine feste Sparrate als Dauerauftrag weglegt. Zum Beispiel als Aktiensparplan auf einen einfachen Welt-ETF (dazu in einem späteren Artikel mehr) für eine gute Diversifizierung und – nach historischen Erkenntnissen – gute durchschnittliche Rendite. Ein Dauerauftrag auf ein Tagesgeldkonto wäre natürlich auch möglich, allerdings gibt es da zur Zeit ja so gut wie keine Zinsen; weshalb ich langfristige Anlagen (>10 Jahre) selbst in ein Aktiendepot lege. Wichtig ist, dass das Gesparte und auch die Zinszahlung nicht entnommen werden dürfen – sonst gibt es keine Zinsen auf Zinsen und somit keinen Zinseszins-Effekt.

Wieviel Du sparen kannst hängt natürlich von Deinem Einkommen ab. Hier musst Du selbst einmal in dich gehen und wirklich darüber nachdenken wieviel Du sparen willst. Und ich meine nicht, wieviel zur Zeit nach Konsum übrig bleibt. Viel mehr solltest Du rechnen wieviele wirkliche Fixkosten Du hast (Miete, Versicherungen, Auto, Lebensmittel, etc.) bevor der Spaß beginnt (Shopping, Restaurant, Kino…). Von dem was danach übrig ist solltest Du erst deine Sparrate definieren bevor Du den Rest für Spaß nutzen kannst. „Pay yourself first!“ Lass den Zinseszins für dich arbeiten.

Ich würde schätzen, dass eine Sparrate von 50€ – 150€ grundsätzlich realistisch sein sollten, also werden wir nun damit rechnen. Wenn Du mehr sparen kannst, ist der Effekt natürlich umso größer.

Kassensturz – Der Zinseszins-Effekt realistisch gerechnet

Jetzt machen wir einmal eine Rechnung über einen langen Investitionszeitraum auf, und vergleichen ob man den Zinseszins einholen kann, wenn man einfach später aber dafür mehr Geld anlegt.

Die Annahmen:

Folgende Annahmen wollen wir für diesen Vergleich heranziehen:

  • Durchschnittszinssatz bzw. Rendite der Aktienwerte von 5% pro Jahr (das ist, historisch gesehen, am Aktienmarkt durchaus realistisch).
  • Monatliche Sparrate von 100€ in einen ETF
  • Das Gesparte wird nicht entnommen (sonst gibt es keinen Zinseszins)
  • Steuern und ETF Gebühren werden nicht berücksichtigt

Die Anlagen:

Anna beginnt mit 25 jeden Monat 100€ in einen ETF nach obigen Annahmen zu investieren. In der Elternzeit legt sie weiterhin 100€ pro Monat zur Seite. Mit 60 Jahren (nach 35 Jahren) hört sie auf zu sparen. Insgesamt zahlt sie 42.000€ ein.
Anna hat mit 60 Jahren Kapital von 111.319,78€.

Lena bekommt nach dem Studium früh zwei Kinder für die sie aus guten Gründen insgesamt 5 Jahre zu Hause bleibt. Mit 30 beginnt sie jeden Monat 100€ in einen ETF Sparplan (ebenfalls nach obigen Annahmen) zu investieren. Mit 60 Jahren (30 Jahre Anlagehorizont) hört auch sie mit dem Sparen auf. Sie hat 36.000€ eingezahlt.
Lenas Kapital mit 60 Jahren liegt bei 81.885,88€

Das Ergebnis:

Wie ihr seht hat Anna nur 5 Jahre früher angefangen zu sparen, und insgesamt nur 6.000€ mehr eingezahlt. Dennoch hat sie mit 60 Jahren fast 30.000€ mehr im Depot. Ein Plus von fast 36%. Mehr als einem Drittel! Das ist der Zinseszins-Effekt!

Noch verrückter wird es übrigens, wenn man eine 100€ Sparrate einer 18-jährigen bis zum 60. Geburtstag mit einer Karrieristin vergleicht, die – aus welchen Gründen auch immer – erst mit 50 feststellt, dass sie schnell noch etwas anlegen sollte und dann bis zum 60. ganze 500€ im Monat beiseite legt. Ihr ahnt es: Die 18-jährige schlägt die ältere Frau um Längen. Genauer gesagt wurde aus den 100€ monatlich mehr als doppelt so viel Kapital (166.673,13€) als aus den kurzfristig angelegten 500€ (77.511,26€). Und das obwohl die junge Dame mit 50.400€ Einzahlung sogar weniger eingezahlt hat als die Karrieristin (Einzahlung 60.000€).

Wenn euch das motiviert, könnt ihr mit eurer persönlichen Sparrate in diesem Rechner selbst einmal Zinseszins und Kapital nachrechnen. (Ärgert euch nicht, dass ihr nicht schon vor 5 oder gar 10 Jahren angefangen habt… Der beste Moment zu starten ist jetzt).

Das richtige Mindset

Das ging hier jetzt natürlich alles etwas schnell. Im Grunde weist Du nun was zu tun ist, aber vielleicht bist Du dir so mal eben nebenher nun doch nicht sicher, ob es was bringt jetzt direkt mit kleinen Beträgen zu starten… Nun, dann denke ich brauchst Du noch ein paar Infos von weiteren schlauen Leuten mit ordentlichen Buchverträgen die dir (neben noch mehr Rechnungen) zum richtigen Mindset verhelfen.

Ich werde im Laufe der nächsten Wochen und Monate sicher noch einige Bücher vorstellen, spontan möchte ich Dir die folgenden ans Herz legen:

Jetzt bist Du dran – Nutze den Zinseszins

Was ich euch also sagen will ist: Fangt jetzt an etwas zu Seite zu legen und lasst es in der Elternzeit nicht schleifen, auch wenn das Einkommen dann geringer ist. Alle wollen immer schnell (Geld-)reich werden – aber wenn das ginge, hätten wir alle viel Geld. Wer Kapital aufbauen will braucht Zeit und Geduld. Und gerade Müttern droht die Altersarmut.

Niemand will langsam reich werden.

Warren Buffet, „Super-Reicher“ der langsam reich wurde.

Starte jetzt, mit diesen Schritten:

  1. Kassensturz machen (siehe auch meinen Artikel hier)
  2. Sparrate definieren – sie sollte langfristig haltbar sein
  3. Tagesgeldkonto einrichten, wenn nicht schon vorhanden
  4. Dauerauftrag auf das Tagesgeldkonto für den 01. des Monats einrichten
  5. Anlageklassen recherchieren und sich für etwas entscheiden was zum eigenen Sicherheitsbedürfnis passt (z.B. einen Aktiensparplan auf ETFs (kein Garantiezins), Riester (lohnt sich nicht für jeden) oder ein Festgeld-Sparplan (niedriger Zins))
  6. Sparrate statt aufs Tagesgeldkonto für die Entscheidung in Punkt 5 nutzen

Ich weiß, ich weiß… „An was soll ich denn sonst noch alles denken? Es ist doch schon so viel!“ Es stimmt, es ist viel. Aber ich kann euch wirklich nur raten der Geldanlage genug Zeit einzuräumen. Dafür müssen dann halt andere Aufgaben weichen… es wird sich was finden. Lass mich wissen wenn Du durchgestartet bist – ich bin gespannt!

Die Macht des Zinseszins einfach erklärt.
Die Macht des Zinseszins einfach erklärt – Teile es gern bei Pinterest!

Disclaimer

Achtung: Ich gebe hier keine Anlageberatung. Die oben gewählten fiktiven Szenarien sind nach bestem Wissen und Gewissen gerechnet, aber ein historisch korrekter Wert wie die durchschnittliche Steigerung der Aktienindizes über die letzten Jahrzehnte garantiert nicht, dass es auch in Zukunft so ist. Die Glaskugel hat leider niemand. Du solltest immer alles selbst genau recherchieren und wenn Du unsicher bist kannst Du Honorarberater (achte auf gute Empfehlung) oder die Verbraucherzentrale gegen Gebühr um Rat fragen.

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In diesem Artikel sind Affiliate Links enthalten. Solltest Du das beschriebene Produkt über einen dieser Links erwerben, bekomme ich eine kleine Provision die in den Erhalt der Website fließt. Für dich entstehen dadurch keinerlei Kosten – der Preis des Produktes bleibt gleich. Ich danke Dir dass Du mich und mein Hobby „Windeln und Workouts“ bei Nutzung der Links unterstützt.

Disclaimer: Das ist keine Anlageberatung. Ich bin keine Anlageberaterin und darf das auch nicht – ich habe versucht das im Artikel so deutlich wie möglich zu machen. Alles ist nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, trotzdem rate ich jedem sich dringend selbst ein Bild zu machen bevor man sich für eine Anlage entscheidet. Ein Gespräch mit Steuerberater oder gutem Honorarberater kann außerdem helfen.

Author

36. Mama vom Mausebär. Weltenbummler, fest verankert in und um Köln. Crossfitter und Eishockeyspielerin. Ernährungs-Besserwisser.

11 Comments

  1. Ich bin beeindruckt, ich hatte mal gelesen, dass es seit Jahren kaum noch Zinsen gibt oder bin ich da gerade auf dem falschen Dampfer? Auf jeden Fall bin ich der Meinung, dass man auf jeden Fall Geld zurücklegen sollte, egal wie knapp man gerade bei Kasse ist! Hab ich auch, als ich Studentin war und freue mich heute noch über die Zinsen auf meinem Sparbuch. Fonds nutze ich erst seit kurzem, da schaue ich erst mal, wie überzeugend die sind.

    Liebe Grüße
    Jana

    • Hi Jana,
      Das stimmt – auf Sparbuch und TAgesgeld gibt es (wenn Du nicht alte Verträge hast die nicht angepasst wurden) so ziemlich gar nichts. Festgeld ist etwas besser. ETF zur Zeit, wenn auch mit langem Horizont, am Besten da geringe Kosten und der Aktienmarkt kann die (historisch betrachtet) gut 4-5% pro Jahr liefern – allerdings mit Schwankungen, da gehts halt rauf und runter, über die Zeit holt man die Rendite.

  2. Ein wirklich sehr interessanter Beitrag und vor allem einfach und gut erklärt! Uns wurde auch schon früh gesagt, dass wir sparen sollen. Allerdings muss ich sagen, dass ich die Erfahrungen in Beratungen von Banken gemacht habe, dass man danach genauso schlau wie vorher war. Dort wird alles immer sehr kompliziert erklärt, dass kann mit frischen 18 Jahren nicht nur verwirrend und demotivierend sein, sondern auch dazu führen, dass man sich deshalb erstmal nicht darum kümmert. Umso besser einen guten Beitrag bei dir zu finden!

    Viele Grüße Eileen von http://www.eileens-good-vibes.de

    • Ja, ich hab es auch nicht so mit Bankberatern – die werden halt in den meisten Fällen mit Provision vergütet und sollen verkaufen. Ist halt der Job… deswegen bin ich wenn dann für einen Honorarberater, wenns zB um Riester oder so geht. In ETF anlege ist – sofern man das will – aber gar nicht so schwierig und sehr passiv, das kann man mit etwas Einlesen und Verständnis auch selbst. Da muss man keinen Aktiv gemanagten Fonds für bezahlen, wenn man es eh ewig liegen lassen will (also 10+ Jahre).

  3. Das ist ein ganz wichtiges Thema und du hast es wirklich gut aufbereitet! Man kann jedem nicht oft genug sagen, dass er früh genug anfangen muss, etwas zur Seite zu legen. Hinzu kommt ja noch, dass 100.000 Euro sich heute viel anhören, aber in 30 Jahren leider viel weniger Kaufkraft haben werden.

    • Ganz genau! Das vergessen ja auch bei der staatlichen und privaten Rentenvorsorge so viele – was auf dem Rechenbeispiel, das man jedes Jahr bekommt, steht, mag sich vlt. sogar ganz okay anhören… Aber die Kaufkraft sinkt halt noch massiv bis wir in Rente gehen.

  4. Sehr interessantes und nicht unwichtiges Thema was immer beachtet werden sollte. Wichtig finde ich aber auch, dass Eltern ihren Kindern das schon zeigen sollten und zur Seiten stehen sollten. Aber es ist nicht einfach damit zurechtzukommen und einen Durchblick zu bekommen. Aber deine Vorrechnung habe ich sehr gut verstanden, das kann jeden weiterhelfen.Sehr gut geschrieben danke!

    Liebe Grüße
    Julia

  5. Liebe Katharina,
    ich habe gehört und gelesen das sich sparen eigentlich kaum noch lohnt, da es kaum Zinsen gibt, außer man hat alte Verträge. Das man bereits in der Elternzeit anfangen sollte zu sparen finde ich total richtig.
    Ich habe damals für beide Kinder direkt nach der Geburt einen Bausparvertrag abgeschlossen und mit 15 werde ich noch einmal auf ein seperates Konto anfangen zu sparen für den Führerschein.
    Hoffentlich reicht das damit meine Jungs später etwas Rücklage haben.
    Liebe Grüße Marie

  6. Liebe Katharina,
    Das ist mal ein super erhellender Beitrag und ganz toll auch für Laien erklärt. Ich habe mich noch nicht viel mit dem Zineszins beschäftigt, aber meine Mama hat mir doch recht früh mit auf den Weg gegeben, dass ich mir etwas zur Seite lege – und das halte ich so. Ich bin erst 34 und schätze, dass es in 30, 35 Jahren nicht mehr allzu viel staatliche Rente für mich gibt. Schön, dass du vor allem die Zeit von Studium und Elternzeit thematisierst – weil wohl viele diesen Gedanken haben a la „Was ist schon ein Jahr“, den du ja auch erwähnst.
    Liebe Grüße von Miriam von Nordkap nach Südkap

  7. 10 Prozent Zinsen, wo gibt es die denn? Da lege ich mein Geld dann schnell an. In Zeiten von Minuszinsen macht Sparen viel weniger Spaß! Aber zum Glück hat Frau andere Möglichkeiten.
    Alles Liebe
    Annette

  8. Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
    Ich wünsche euch frohe und besinnliche Weihnachten. Bleibt Gesund und Munter. Freut euch über jeden einzelnen Tag und denkt nicht an Morgen. Denn jeder Tag ist ein Geschenk. Trinkt, Lacht und beschenkt euch reichlich! Wir haben es uns verdient.
    Lasset die Korken fliegen und die Gläser klirren. Fühlt euch gesegnet in dieser schwierigen Zeit!
    Ich wünsche mir für euch, dass ihr voller Freude, Zuversicht, Geduld und Mut in ein wunderschönes neues Jahr Startet. Mögen sich all eure Wünsche erfüllen und eure Sorgen verblassen. Kommt gut und gesund ins neue Jahr.

    Mit gesegneten Grüßen
    Miss Katherine White
    Work – Life – Balance
    https://www.miss-katherine-white.com

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