Seit nunmehr 2,5 Monaten bin ich eine Vollzeit-Mama. Eine Mama, die Vollzeit arbeitet. Und sowieso auch Vollzeitmama ist, 24h 7 Tage die Woche 52 Wochen im Jahr und sonst auch. Wie funktioniert Vollzeit mit Kind?
Wie ist es uns also ergangen, in den letzten Monaten? Was macht der Mausebär wenn ich im Büro bin? Und wie teilen wir – Mama und Papa – uns auf, damit keiner zu kurz kommt; und geht das überhaupt? Es folgt: Ein kleiner Einblick in die Höhen und Tiefen der Zeit nach der Elternzeit.
Hallo Vollzeit-Alltag!
Der Büroalltag hat einen erstaunlich schnell wieder. Man kennt das von langen Urlauben. 3 Wochen soweit weg gewesen, und nach 3 Tagen ist es als wäre man nie fort gegangen. Dass dies nach fast 14 Monaten genauso sein würde hatte ich nicht erwartet – zumindest nicht in diesem Umfang.
Ich bin zum 1.10. zwar nicht wieder auf meine alte Position zurück gekehrt, sondern auf eine neue (und war durch das Bewerbungsverfahren auch vor meiner Rückkehr kurz zu Besuch und in Kontakt) – dennoch reichte es fast aus, einmal durch das Gebäude zu gehen um zu merken: Fühlt sich an wie vorher. Die Kantine riecht noch so wie vorher (mmmmh Pizza; oder baaaaah, Gyrossuppentopf) und auch die Gespräche in Küchen und auf Fluren sind in vielen Ecken die gleichen.
Vollzeit hieß auch: Ich war auch sofort eingespannt: Einarbeiten, neue Themen kennenlernen, neue Kollegen treffen und neue Aufgaben erlernen. Aber im Hinterkopf war ich am Anfang doch immer mit in der KiTa (die keine 5 Minuten entfernt am Ende des Campus‘ liegt). Ahja, 11:30 – jetzt hat die Maus Hunger. 12h – ob sie wohl gut schlafen kann heute? Die Sonne scheint – die Kinder sind bestimmt auf dem Spielplatz (hatte ich die warmen Playshoes eingepackt???)!
Ich vermisste den Mausebär ganz schrecklich, und war doch voller Elan mich in die neuen Aufgaben zu stürzen und mein Gehirn für etwas anspruchsvollere Dinge zu nutzen, als ich es (zugegebenermaßen) in den letzten Monaten getan hatte. Aber ich merkte auch schnell, dass eine Vollzeit-Mama eine echte Ausnahme ist.
Vollzeit und sanfte Steigerung
Wir hatten uns bereits für die Eingewöhnung sehr viel Zeit genommen. 6 Wochen haben wir wirklich gebraucht um es der Maus so leicht wie möglich zu machen, weitere zwei haben wir sanft die Zeit gesteigert. So sanft, dass wir selbst danach noch nicht die volle Zeit ausgereizt hatten, da dies „Spätgruppe“ bedeutet hätte, und somit die letzten 15-30min in einer anderen Gruppe mit anderen Betreuern.
Da ich eine tolle Chefin habe, nette Kollegen, und dankenswerterweise auch nicht nach Stunden sondern Ergebnissen bezahlt werde, war es kein Problem die Maus so lange vor der Spätgruppe abzuholen wie sie es brauchte. Ich arbeitete Vollzeit, aber flexibel. Auch jetzt gehe ich lieber etwas eher und verbringe die extra 30 Minuten noch mit ihr – dafür kriege ich morgens schon ein bisschen was geschafft bevor ich überhaupt mit ihr das Haus verlasse, denn die Morgentoilette mit allem was dazu gehört macht der Papa!
Wir haben uns alle recht schnell an den Rhythmus gewöhnt. Was wirklich nervt sind die Fahrtzeiten, aber da kommen wir leider nicht drumrum. Von Gemotze im Stau abgesehen gebe ich also ein fröhliches Kind zum 2. Frühstück ab und hole ein mit 2 Mahlzeiten und mindestens 2 Snacks vollgeschlabbertes, von allen großen Kindern nochmal abgeknuddeltes, und total ausgetobtes, strahlendes Mäuschen wieder ab.
Im Nachhinein hätte ich mir noch einen weiteren Monat Elternzeit gegönnt, muss ich sagen. Wir konnten zwar so für die Maus alles prima einrichten, aber in Anbetracht von Umzugsstress und der Tatsache das unser Kind doch auch sehr hohe Ansprüche an uns gestellt hat, wäre ein bisschen Ruhe und geistiges Sortieren – vielleicht auch ein paar extra Runden Sport – echt super gewesen. (Übrigens interessant wie die Sichtweise sich ändern kann… Empfand ich den Mausebär doch immer als sehr einfach und gechillt, wurden die Monate 8-12 nicht nur zur echten Herausforderung, sondern es kam auch noch der Vergleich meiner Nichte dazu. Plötzlich stand mein Mausebär wie eine extra-laute, high-need Krawallschachtel da….)
Hausarbeit oder Kuchen backen?
Während in Büro und KiTa wirklich alles easy läuft, war der neue Ablauf für zu Hause doch etwas holpriger. Man verbringt wesentlich weniger Zeit gemeinsam. Das ist ein Fakt, den kann man drehen und wenden wie man will, er bleibt so stehen. Für viele Mütter ist dies der ausschlaggebende Punkt nicht wieder Vollzeit zu arbeiten.
(An dieser Stelle mal ein kurzes Shout-Out an viele männliche Mitmenschen: Tatsächlich ist für viele Frauen nicht die Belastung von Vollzeit-Mama und Vollzeitmama der Grund in Teilzeit zurück zu kehren – Die Belastung ist so oder so immens hoch. Es ist der extreme Sprung in gemeinsam verbrachter Zeit. Übrigens auch ein Grund warum viele Paare mittlerweile beide auf Teilzeit gehen.)
Mir persönlich war es wichtig, eine Position die mir gefällt mit der vollen Verantwortung zu übernehmen. In Teilzeit ist dies kaum möglich. Des Zeitverlusts war und bin ich mir bewusst. Es war eine bewusste Entscheidung für die ich auch schon viele male kritisiert, aber auch gelobt wurde. Viel diese Entscheidung mir leicht? Absolut nicht. Aber ich glaube weiterhin, dass es die richtige war. Sie ändert aber viele Prioritäten.
Wer weniger Zeit miteinander verbringt, der verbringt diese anders. Und hier kommen wir zum Knackpunkt: Wenn die Maus um 20h etwa schlafen geht, dann will ich mit ihr bis dahin noch etwas schönes gemacht haben – Abendessen, baden, lesen, spielen. Sicher aber nicht Wäsche zusammenlegen. Auch am Wochenende backe ich lieber mit ihr Plätzchen, spiele mit ihr Klavier, oder schaukel sie im Garten an als die letzten Kleinigkeiten unserer Kernsanierung fertigzustellen.
Das kann (und wird auch) zu Streit führen. Für den Partner hat sich ja nicht viel geändert, wenn dieser vorher nicht zu Hause war. Man selbst aber hat vorher ein Jahr lang den eigenen Anteil der Hausarbeit während Mittagsschläfchen und so nebenher weg geschafft, und nun hat man dafür wochentags keine Zeit und in der Freizeit keine Lust – es hat keine Priorität.
Hilfe von außen ist unerlässlich
Zwei Zitate rund um Vollzeit mit Kind sind mir in letzter Zeit immer wieder begegnet – eins unterschreibe ich sofort, eins nicht.
Wer 100% Mama, 100% Karriere, und 100% Hausfrau sein will, wird ein 100%-Wrack.
und
It takes a village to raise a child.
Ich glaube an das zweite, und ich verstehe wo das erste herkommt – aber ich glaube das alles möglich ist. Auch Vollzeit mit Kind. Aber eben mit Hilfe.
Das man ein ganzes Dorf braucht um ein Kind groß zu ziehen ist ein sehr altes Sprichwort. Es war schon immer so, dass man Hilfe brauchte. Und es war auch schon viele viele Jahre so, dass Babies auch von anderen betreut wurden wenn die Mütter oder Väter arbeiten mussten, krank waren oder sonst wie verhindert. Die Aussage gilt heute wie früher – ohne Hilfe könnten wir unseren Alltag so nicht gestalten.
Das erste Zitat ist „jünger“. Und ich glaube auch, dass es mit der aktuellen Zeit zu tun hat. Wir haben das Glück, in direkter Nähe meiner Eltern und meiner Schwester zu wohnen. Tatsächlich ist das heute aber eher die Ausnahme – und dann muss man sich mit anderen Tricks behelfen. Alleine kann man es wirklich nicht schaffen – dann wird man tatsächlich zum 100%-Wrack.
Aber so wie das moderne Zeitalter uns zwar oft von unseren Heimatorten wegbewegt, so bringt es auch Möglichkeiten mit sich Hilfe zu nutzen, die man vor 50 oder auch 5 Jahren noch nicht kannte: Rewe liefert vor die Tür, Putzfeen halten die Wohnung zumindest im Grundsatz sauber, manche Firmen bieten Reinigungsservice für Dienstkleidung an, andere einen eigenen Arzt oder ein Fitnessstudio das ohne Fahrtzeit während Pausen genutzt werden kann.
Wie kriegen wir Hilfe?
FAMILIE:
Unsere Familie ist – sofern nicht anders verplant – immer gewillt zu helfen. Allein dies zu wissen ist schon unheimlich beruhigend und hilfreich. Wir brauchten tatsächlich vor ein paar Wochen das erste Mal den Opa, damit er das kränkelnde Kind im Kinderwagen durch den Wald spaziert während ich von zu Hause eine Telefonkonferenz hielt.
GEMEINSAME KALENDER:
Der Papa vom Mausebär und ich teilen uns auch immer flexibel auf, wenn Termine anfallen – wir stellen uns diese in den Onlinekalender. Was nicht drin steht, passiert nicht; beziehungsweise was zuerst drin steht hat Priorität. Wir tragen unseren Sport ein und unsere „am Rand“ des Tages liegenden Termine im Büro. Wir tragen Konzerte und Events ein, den Friseur, und die Kindergartenparty.
GEMEINSAME EINKAUFSLISTEN & TO-DOs
Wir nutzen Remember The Milk als App für eine simple Einkaufsliste. Dort wird alles sofort eingetragen wenn es auffällt. Wer dann einkaufen geht entscheidet sich meist spontan und ist abhängig davon wie wir Feierabend gemacht haben und wie unser Mausebär gelaunt ist. Praktischerweise ist es ja egal wer einkauft, denn die Liste ist immer dabei und immer aktuell. Vorher hatten wir auch „Geld abholen“ als eigenes To-Do. Da mittlerweile alle von uns frequentierten Supermärkte das Abheben von Bargeld ermöglichen, steht dies nun einfach mit auf der Einkaufsliste.
AUFGABENTEILUNG (aber flexibel)
Einige Aufgaben haben wir ganz klar und definitiv aufgeteilt (was nicht heißt, dass der andere es nicht auch mal erledigt wenn das grad nötig oder praktisch ist). Für das sortieren der Kleidung von M. bin ich zuständig; auch dafür dass immer die passende Größe im Schrank und Ersatzkleidung in der KiTa liegt. Eigene Kleidung räumt jeder selbst in seinen Schrank. Den Müll bringt M.s Papa raus. Wenn einer kocht, deckt der andere den Tisch. Erste und letzte Windel macht eigentlich immer der Papa, Frühstück machen und Abendbrot wegräumen in der gleichen Zeit dann entsprechend ich. Und so weiter, und so fort… Da muss ja doch jeder seine persönliche Wohlbühl-Aufteilung finden.
Der Weg ist das Ziel
Ich finde wir sind gut organisiert. Trotzdem herrscht manchmal Chaos. Es ist manchmal frustig, wenn der Tag so kurz war – und doch so schön wenn man auch mal anderen Anforderungen als Mama-sein gerecht wird. Es ist unheimlich emotional und extrem persönlich.
Ich hoffe der Einblick in unseren Alltag hat Dich trotzdem in irgendeiner Weise weitergebracht. Und wenn Du nur eins mitnimmst, dann bitte das: Ohne Hilfe geht es nicht. Frag nach Hilfe, nimm Dir Hilfe – das ist nicht nur ok, sondern absolut essentiell!
6 Comments
Ein sehr spannender Einblick! Wir arbeiten inzwischen auch beide Vollzeit (mein Mann hatte Teilzeit gearbeitet) und auch bei uns läuft es ganz gut. Familie haben wir nicht in der Nähe, aber eine verlässliche Kinderbetreuung sowohl für die kleine als auch für die große Tochter. Das ist Gold wert 🙂 Ich wünsche euch weiterhin alles Gute! <3
Hallo! 🙂
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Ja, die verlässliche Kinderbetreuung ist echt das A und O – man will sein Kind ja nicht irgendwem geben. Ob das dann Oma, Tante, Nachbarin, Aupair… oder oder … ist, das kommt ja immer auf die Umstände drauf an.
Habt eine schöne Weihnachtszeit!
Ich beneide dich/euch für die Unterstützung der Familie! Das hatten wir nie und ohne Unterstützung stößt man rasch an die Grenzen. Denn wenn man für jede Stunde Unterstützung zahlen muss, rotiert man ununterbrochen. Ich denke trotzdem gerne an die letzten Jahre in denen die Kids noch so klein waren … genieß die Zeit!
lg
Nena
Hallo Katharina,
ich habe diesen Beitrag sehr gerne gelesen. Danke, dass du uns einen so tiefen Einblick in dein Privatleben und auch in deine Gedanken gewährt hast. Ich habe zwar noch keine Kinder, aber hin und wieder denkt man schon darüber nach wie man es später wohl managen würde. Definitiv kann ich aber sagen, dass man sich nicht beeinflussen lassen sollte. Finde es super, dass du deinen Weg gefunden hast 🙂
Ich wünsche dir einen tollen Sonntag!
Liebst Linni
http://www.linnisleben.de
Ich hatte nach meiner Elternzeit ein Studium angefangen und nur wenig Eingewöhnungszeit im Kindergarten bekommen. Ich glaub ein paar Tage, von denen meiner Tochter auch noch einige krank war und dann abrupt starten musste. Zum Glück ging alles recht gut, aber mit den Gedanken war ich auch häufiger eher bei ihr als in der Uni. Das war eine Zeit, die mich ganz schön geschlaucht hatte, aber ich hab’s geschafft und bin stolz darauf 🙂 Wie alle Muttis es sein können, die Job und die ganze Verantwortung an der Seite eines Kindes stemmen!
Liebe Grüße
Jana
Hallo,
es sind tolle Tipps dabei die helfen wenn man in der Situation ist. Man muss dann auch alles neu Planen und schauen das man nicht untergeht. Das wichtigste ist das Kind, aber Haushalt und Familie sind auch nicht unwichtig.Danke für die Auflistung.
Liebe Grüße
Julia