Stillmythos, ick hör dir Trapsen. Leute, Leute… Das Internet ist ja eine tolle Erfindung. Aber manchmal glaube ich echt, dass sich die alten Ammenmärchen dank Social Media und Selbsthilfe-Foren wie „Gute Frage“ weiter halten. Worüber die vergleichsweise geringe Anzahl von Ärzten und Wissenschaftler fleissig auf spezialisierten Seiten oder im Behandlungszimmer aufklären wird von tausenden Küchen-Psychologen und selbsternannten Spezialisten mit einem Erfahrungsschatz von n=1 falsch weiter verbreitet. Es ist bei vielen Themen so – unter anderem auch bei dem Mythos man könne in der Stillzeit nicht schwanger werden.
Sila Sahin lebt es vor
Nun hat es also gerade (besser gesagt vor 5 Monaten) einen C-Promi erwischt und die Konfusion ist groß. Sila Sahin, Schauspielerin und Fußballer-Frau, ist zum 2. Mal schwanger. Und das im 5. Monat wobei ihr Sohn Elija gerade einmal 6 Monate alt ist. Zwischen Geburt und Empfängnis lagen laut Bunte (die sie wohl interviewt hat, aber wer weiß) gerade einmal 10 Wochen. Eine extreme Leistung des Körpers – und wohl auch des Timings. So sagt Sila Sahin sie hätte ihre Periode noch nicht wieder bekommen gehabt – es müsste also der erste Eisprung nach der Geburt des Sohnes gewesen sein.
Im Grunde dürfte es einen nicht verwundern, dass ein gesunder Körper zu solch einer schnellen erneuten Schwangerschaft fähig ist. Die Natur setzt auf Reproduktion. Mütter, die gesund und fit sind (gegebenenfalls nicht voll Stillen und somit mehr Reserven haben) können daher im Sinne von Mutter Natur gern mehr Babies durchbringen.
Stillmythos und Warheit
Der Stillmythos man könne in der Stillzeit nicht erneut Schwanger werden, stammt daher dass eine zügige Schwangerschaft dann relativ selten ist, wenn voll und sehr regelmäßig tagsüber und nachts gestillt wird, so dass der Körper keine Reserven für ein erneutes Baby hat. Heutzutage sind wir aber alle sehr gesund, haben ausreichend Nahrungsmittel und Stillen häufig gar nicht (so lange) voll oder aber mit längeren Pausen. Was heißt das im Alltag?
Man muss keine Regelblutung haben um schwanger zu werden
Stillmythos und Fehler Nummer 1: Man muss doch seine Regelblutung haben?! – NEIN. Das gilt sowohl für Mütter von Neugeborenen und Säuglingen, als auch für pubertierende Mädchen. Wer im Biologie-Unterricht aufgepasst hat weiß, dass der Eisprung rund 2 Wochen vor der Regelblutung passiert. Wer also genau diesen ersten Eisprung „geschickt“ abpasst und ungeschützten Geschlechtsverkehr hat kann also durchaus schwanger werden ohne eine einzige Regelblutung gehabt zu haben.
Stillen wirkt nicht automatisch verhütend
Stillmythos und Fehler Nummer 2: Aber Stillen wirkt doch wie die Pille?! NEIN. Es ist richtig, dass Mütter die ihr Kind voll und rund um die Uhr stillen mit geringerer Wahrscheinlichkeit erneut schwanger werden als Mütter die mit Pre-Nahrung füttern und auf das Stillen verzichten. Das liegt daran, dass die Natur unsere Körper so „programmiert“ hat, dass wir das erste Kind erst durchbringen müssen bevor ein weiteres Mäulchen dazu kommt. Das Überleben des Säuglings hat für die Natur oberste Priorität, erst dann folgt die weitere Reproduktion.
Wer aber genug Reserven hätte – körperlich wie mental – kann auch trotz voll Stillens erneut schwanger werden. Je weniger gestillt wird (lange Pausen in der Nacht oder wegen Alkoholkonsum zum Beispiel oder hin und wieder Pre-Nahrung) desto höher ist die Wahrscheinlichkeit dass der Zyklus und somit auch der erste unbemerkte Eisprung (s.o.) zurück kommt. Stillen kann also keineswegs als Verhütungsmethode angesehen werden.
Verhütung während der Stillzeit ist nicht schwer
Wer vermeiden möchte in der Stillzeit erneut schwanger zu werden sollte sich eine andere Verhütungsmethode aussuchen. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten die auch dann eingesetzt werden können, wenn Dein Baby noch die Brust kriegt.
Wer sich und seinen Partner vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützen möchte sollte auf das gute, alte Kondom zurück greifen. Eine weitere „Barriere“ als Verhütung bietet das Diaphragma. Letzteres sollte allerdings vom Frauenarzt angepasst werden damit es richtig sitzt.
Wer kein Problem mit hormoneller Verhütung hat, kann nach Rücksprache mit dem Frauenarzt auch auf eine Mini-Pille (ein reines Gestagen-Produkt) zurückgreifen. Auch die Spirale kann nach abgeschlossener Rückbildung der Gebärmutter eingesetzt werden.
Vermieden werden sollten in der Stillzeit sämtliche Östrogen-haltigen Verhütungsmittel wie Pflaster, klassische Pille, oder Vaginalring. Das ist tatsächlich kein Stillmythos, denn die Mittel können in die Milch übergehen und das Baby braucht keine zusätzlichen Hormone.
Das genaue Beobachten des Zyklus, zum Beispiel mit einer Tracking-App wie Ovia, schadet außerdem nicht. Auch wenn dies keine sichere Verhütungsmethode ist, hilft es Dir deinen Körper besser kennen- und einschätzen zu lernen.
Weitere Informationen zu Sexulität und Verhütung nach der Schwangerschaft findet ihr im Netz bei ProFamilia.