Smartwatches wie die Anio 6 erobern zunehmend die Handgelenke unserer Kinder. Was früher ein luxuriöses Accessoire für Erwachsene war, hat sich inzwischen zu einem beliebten Gadget für Grundschüler entwickelt. Doch während die technischen Raffinessen und bunten Designs Kinderaugen zum Leuchten bringen, stellen sich viele Eltern die Frage: Sind Smartwatches für Grundschüler wirklich sinnvoll? In diesem Artikel beleuchten wir die Vor- und Nachteile von Smartwatches für Kinder, betrachten Notfall-Funktionen, Medienzeiten, Ablenkungspotenzial und die Balance zwischen Freiheit und Überwachung.
Wir haben uns wirklich ausgiebig mit dem Thema beschäftigt und uns dann eine Smartwatch ganz genau angesehen. Wer nur den Test zur Anio 6 Kinder Smartwatch lesen will, bitte hier lang.
Smartwatches sind aus dem Alltag vieler Erwachsener kaum mehr wegzudenken. Auch aus meinem nicht – wenn mein Modell auch schon 8 Jahre alt ist, es läuft und läuft und motiviert. Die Uhren zählen Schritte, messen den Puls, empfangen Nachrichten und haben oft sogar eine Notfallfunktion. Und nun haben sie also auch bei Kindern Einzug gehalten, gesponsert von Helikopter- und Rasenmäher-Eltern. Dachte ich.
Als wir als Vollzeit-arbeitende Eltern über das Busfahren unseres i-Dötzchens nachdachten, kamen dann doch Zweifel und ein großes Schwanken zwischen Für und Wider. Andere Grundschüler um uns herum haben riesige Uhren mit Fotos und Spielen -Spielzeuge eben, und sie geben den Eltern doch auch Sicherheit. Aber was ist damit den Kindern auch mal zu Vertrauen? Sie Aufgaben selbst lösen zu lassen, statt nur einen Knopfdruck weg zu sein? Datenschutz, oder doch lieber genaue Ortung auf der Kirmes?! Was für Eltern ein nützliches Hilfsmittel sein kann, wirft bei der Nutzung durch Kinder – bei mir – einen Haufen Fragen auf.
Pro: Sicherheit und Erreichbarkeit
Einer der Hauptgründe, warum Eltern ihren Kindern eine Smartwatch kaufen, ist die Sicherheit. Viele Smartwatches für Kinder sind mit GPS-Tracking ausgestattet, sodass Eltern jederzeit den Aufenthaltsort ihres Kindes verfolgen können. In Notfällen können Kinder über einen SOS-Knopf schnell Kontakt zu ihren Eltern aufnehmen. Diese Funktion gibt vielen Eltern ein beruhigendes Gefühl, besonders wenn ihre Kinder allein zur Schule gehen oder sich mit Freunden draußen aufhalten.
(Dazu eine Notiz am Rande: Schutz vor Gewalttaten ist es aber sicherlich nicht, dafür sind die Geräte zu offensichtlich, zu ungenau, zu bekannt, und überhaupt – so gering die Wahrscheinlichkeit einer Gewalttat, so gering sind auch die Möglichkeiten dies durch Technik zu verhindern. Hier gilt immer: Prävention durch Kommunikation!)
Ein weiteres Plus ist die Möglichkeit der Kommunikation. Viele Smartwatches erlauben es, Kurznachrichten zu senden oder zu telefonieren. Kinder können über eine Anio 6 und andere Uhren schnell ihre Eltern erreichen, wenn sie eine Frage haben oder abgeholt werden müssen. Für Eltern bedeutet dies, dass sie immer einen direkten Draht zu ihren Kindern haben, ohne dass diese ein teures und auch für Apps, Internet und Schabernack wesentlich freieres Smartphone besitzen müssen.
Contra: Ablenkung und Medienzeiten
Doch die Nutzung von Smartwatches hat auch ihre Schattenseiten. Ein großer Kritikpunkt ist das Ablenkungspotenzial. Eine Kinder SmartWatch könnte Kinder im Unterricht oder bei den Hausaufgaben leicht ablenken. Benachrichtigungen und Spiele können dazu führen, dass die Konzentration leidet und die schulischen Leistungen beeinträchtigt werden.
Hinzu kommt die Problematik der Medienzeit. Viele Eltern sind besorgt über die zunehmende Bildschirmzeit ihrer Kinder. Auch wenn Smartwatches meist über kleinere Displays verfügen, summieren sich die Zeiten, in denen Kinder mit digitalen Geräten interagieren. Es ist wichtig, klare Regeln und Zeiten für die Nutzung festzulegen und Alternativen zur digitalen Unterhaltung zu fördern, wie z.B. Sport, Lesen oder Spielen im Freien.
Kinder sollten lernen, eine gesunde Balance zwischen digitalen und analogen Aktivitäten zu finden. Eltern können dabei unterstützen, indem sie Vorbilder für einen verantwortungsvollen Umgang mit Medien sind und gemeinsam mit den Kindern sinnvolle Nutzungszeiten vereinbaren. Und ja, ich weiß wie schwierig das ist, wenn wir doch mittlerweile von Arbeiten über Spielen bis hin zu Lesen und mit Freunden Quatschen selbst fast alles am Bildschirm tun.
Freiheit und Überwachung
Ein für mich persönlich besonders wichtiger Aspekt ist das Thema Freiheit und Überwachung. Kinder sollten die Möglichkeit haben, ihre Umgebung eigenständig zu erkunden und Erfahrungen zu sammeln, ohne ständig überwacht zu werden. Die permanente Kontrolle durch GPS-Tracking und die Möglichkeit, jederzeit Kontakt aufzunehmen, kann das Gefühl der Eigenständigkeit und Freiheit der Kinder einschränken.
Während einige Eltern die ständige Überwachung als beruhigend empfinden, sehen Kritiker darin eine Einschränkung der kindlichen Autonomie. Kinder müssen lernen, sich selbst zu vertrauen und Probleme eigenständig zu lösen, gegebenenfalls nach Hilfe zu Fragen oder auf den nächsten Bus zu warten, wenn dieser verpasst wurde, ohne das Mama-Taxi zu rufen. Die ständige Verfügbarkeit von Papas und / oder Mamas Hilfe kann diese Entwicklung behindern.
Kinder könnten auch das Gefühl haben, nie wirklich unbeobachtet zu sein, was ihre Freiheit und Selbstständigkeit einschränken kann. Wild und frei, das zählt halt doch noch einiges. Eltern sollten daher sorgfältig abwägen, wie intensiv sie die Überwachungsfunktionen nutzen möchten und ihrem Kind vermitteln, dass das Vertrauen in ihre Fähigkeiten im Vordergrund steht. Mein Kind ist schulreif, es kann doch sicher allein zur Schule laufen… oder?
Mit der Nutzung einer Smartwatch für Kinder kommen außerdem Fragen zum Datenschutz auf. Wie sicher sind die Daten, die durch GPS-Tracking und andere Funktionen gesammelt werden? Eltern sollten sich genau informieren, wie die Daten ihrer Kinder gespeichert und genutzt werden. Einige Smartwatches verfügen über Kameras, die potenziell missbraucht werden könnten – auch hier gilt: Prävention durch Kommunikation. Es muss mit den Kindern klar kommuniziert werden was erlaubt ist, und was nicht.
Es ist wichtig, Geräte zu wählen, die hohe Datenschutzstandards erfüllen und den Schutz der Privatsphäre der Kinder gewährleisten. Nicht ohne Grund sieht man hier und auch auf meinen Instagram Kanälen unsere Kinder nicht. Nein, auch nicht auf dem privaten Kanal.
Und was nun? Keine SmartWatch war unsere Antwort auf all die Fragen – und nun kam es doch anders.
Die Anio 6 – Die Kinder Smartwatch aus Deutschland
Wir hatten uns schon gegen eine SmartWatch für den Mausebär entschieden, als ich die Möglichkeit bekam, die Anio 6 zu testen.
Tatsächlich war es mir wichtig, mich für diesen Artikel mit einem echten Gerät genauer zu befassen und die Anio 6 war die einzige die überhaupt in Frage kam – dazu gleich mehr. Ich habe die Anio 6 also zu Testzwecken vom Hersteller Anio zu Verfügung gestellt bekommen – vielen Dank! Damit ist es ab hier Werbung – die regelmäßigen Leser:innen unter euch wissen aber, dass ich trotzdem meine tatsächliche Meinung frei heraus kundtue, das ist natürlich auch hier und heute der Fall.
Die bunte SmartWatch für Kinder
Ich habe die Uhr erstmal ohne meine Tochter ausgepackt – wollte ich mir doch erstmal ein Bild des Gerätes machen. Wie die meisten SmartWatches für Kinder ist auch die
Anio 6 relativ groß. Mir gefällt allerdings dass sie, anders als die meisten Wettbewerber, rund ist. So kommen auch die klassischen Ziffernblätter besser zur Geltung – und hilft den Kindern diese vernünftig lesen zu lernen.
Mit in der Verpackung ist ein magnetisches Ladegerät. Ein weiterer Pluspunkt, kommt die Uhr doch ohne Fummelei am Stecker aus. Einmal zum Laden befestigt, ist sie sicher fest und fällt auch nicht runter, wenn man das Kabel bewegt. Natürlich ist auch ein kleiner Stift zum Öffnen des SIM-Fachs dabei, sowie eine Anleitung.
Das erste Einschalten, Wechseln von Watch Faces (also Ziffernblättern) und öffnen der Kontakt-App geht relativ intuitiv und ist selbsterklärend.
Alles in allem macht die Uhr einen prima ersten Eindruck. Und bevor ich irgendetwas anderes beginne, bringe ich erstmal den Displayschutz an. Sicher ist sicher. Das geht einfach und schnell, auch wenn ich es leider nicht hinbekommen habe wirklich jedes Mü Luft zu entfernen. Danach geht‘s ans einrichten.
Die Einrichtung der Anio 6
Um die Uhr mit den Smartwatch-Funktionen nutzen zu können, muss diese mit einer App auf dem Handy der Eltern verbunden sein und die Uhr selbst muss logischerweise ins Netz. Ins Mobilfunknetz. Eine Karte des Anbieters Congstar bekommt man im Back-to-School Bundle, welches wir haben, direkt dazu. Das Schulstart-Set ist hier bei Anio erhältlich und enthält außerdem eine Schutzhülle, ein zusätzliches Armband sowie eine reflektierende Regenhülle für den Ranzen eures Kindes.
Zunächst einmal sollte man die SIM Karte bei dem gewählten Provider aktivieren. In meinem Fall Congstar. Das kann je nach Anbieter unterschiedlich sein, daher schaut euch dafür bitte eure Informationen genau an. Laut Anio funktionieren auch nicht alle Anbieter, es gibt auf der Website aber eine Übersicht. Es lohnt sich außerdem zu prüfen, dass SIM-Pin und Mailbox deaktiviert sind.
Hat man die SIM Karte dann erstmal in der Uhr und auf dem elterlichen Handy die Anio App installiert, geht es eigentlich sehr schnell. Über einen QR Code, den du über das Uhr Menu durch Drücken auf die Batterieanzeige findest, kannst du Uhr einfach und zügig mit der App koppeln. Die App sagt dir dann an, was du tun sollst um alles fertig einzurichten.
Die Anio App
Über die Anio App verwaltet ihr die Uhr und könnt gleichzeitig darüber die Funktionen der Uhr mit eurem Kind nutzen. So könnt ihr euch auf dem Startbildschirm mit der Karte den letzten sichtbaren Standort der Uhr – also eures Kindes – anzeigen lassen, die Kontakte verwalten die das Kind kontaktieren kann und darf, sowie über den Chat in der App mit dem Kind per Text, Emoji oder auch Sprachnachricht kommunizieren. Während der Schulzeiten kann die Uhr auf Ruhezeit gestellt werden, damit keine Nachrichten klingeln.
Damit das Kind nicht dauerhaft überwacht wird, sei es weil ihr das nicht möchtet oder weil ihr Batterie und Datenvolumen sparen wollt, könnt ihr Intervalle und Schulwegzeiten festlegen. So reicht es mir zum Beispiel aus, dass die Uhr an normalen Tagen alle 60min einen Standort angibt, sowie zu den Schulwegzeiten alle paar Minuten. Außerdem habe ich unser Zuhause sowie den Radius in dem sich der Mausebär frei bewegen darf festgelegt, und bekomme eine Push-Benachrichtigung wenn sie außerhalb unterwegs ist. Die Server die die Position speichern stehen in Deutschland, das war mir persönlich wichtig.
Die Funktion der Uhr
Auf der anderen Seite all dieser Funktionen die sich im App einstellen lassen befindet sich natürlich noch die Uhr. Die Funktionen die die Kinder nutzen sind bei der Anio 6 sehr limitiert. Und während ich das Augenrollen unserer Kinder förmlich hören kann, so war das doch für mich ein klarer Vorteil der Uhr und der Grund warum diese Uhr überhaupt in Frage kam.
Es mag altbacken klingen, aber für WhatsApp und Selfies haben die Kinder später noch genug Zeit – und der Gruppendruck der dadurch entstehen kann ist, von der Ablenkung durch solche Spielereien mal ganz abgesehen, auch nicht immer ohne. Es kommt natürlich stark auf die Umgebung und die anderen Kinder an, aber die kennt man nun mal auch vorher nur bedingt. So finde ich es angemessen, dass bei einer Uhr für Grundschüler eben keine Spiele zu finden sind und auch keine Funktion für Fotos.
Was mich ein bisschen stört ist, dass der Chat tatsächlich ein Familienchat ist. Wir werden auch Oma und Opa als Telefonkontakte hinterlegen (nur hinterlegte Kontakte können das Kind anrufen) – aber ich weiß das der Mausebär auch unheimlich gern Smileys an Oma schickt. Und Sprachnachrichten. Denn die Oma guckt auch nicht immer auf ihr Handy wenn es grad klingelt. Ich fände es passender, wenn es möglich wäre den Kontakten auch SMS zu senden und wenn man Familienmitgliedern eigene Chats in der App zuordnen könnte. Nicht alles was mit Papa besprochen wird muss Mama auch wissen.
Besonders gut finde ich den Notfallknopf der Kinder SmartWatch. Wird dieser für 3 Sekunden lang gedrückt und dann der Notruf auf der Uhr bestätigt, werden alle Notfallkontakte hintereinander angerufen bis einer abhebt – Vorsicht, abheben der Mailbox kann hier reichen, so dass dann keine weitere Nummer angerufen wird. Eine Push-Benachrichtigung kann zusätzlich eingestellt werden. Das bestätigen sichert vor versehentlichem Notruf ab, ist aber somit auch schwierig einzuleiten wenn die Uhr nicht gesehen wird. (Achtung, ist kein Notfallkontakt hinterlegt wird der Notruf 112 gewählt.)
Ein Beispiel: Ein Kind fühlt sich auf dem Heimweg von der Schule unwohl und merkt, dass es Angst bekommt. Durch das Drücken des SOS-Knopfes auf der Anio 6 können die Eltern sofort alarmiert werden und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Diese Funktion ist nicht nur ein technisches Gimmick, sondern ein Mechanismus, der Eltern und Kindern ein echtes Stück Sicherheit im Alltag gibt – auch wenn der Knopf hoffentlich nie in einem Notfall gebraucht werden muss.
SmartWatch ja oder nein? Jein.
Smartwatches für Grundschüler sind ein kontrovers diskutiertes Thema. Zu Recht, wie ich nach wie vor finde. Die Vorteile in Bezug auf Sicherheit und Erreichbarkeit stehen den Nachteilen wie Ablenkung und Einschränkung der kindlichen Freiheit gegenüber. Und diese muss man Abwägen. Letztlich liegt die Entscheidung bei den Eltern, ob sie ihren Kindern eine Smartwatch erlauben oder nicht – und vor allem auch wann und in welchen Situationen. Natürlich läuft der SIM Vertrag, wenn er läuft. Aber man muss die Uhr trotzdem nicht andauernd tragen.
Es ist wichtig, die individuelle Situation und die Bedürfnisse des Kindes zu berücksichtigen und eine ausgewogene Entscheidung zu treffen. Smartwatches können nützlich sein, sollten jedoch verantwortungsbewusst eingesetzt werden, um die Balance zwischen Sicherheit und Eigenständigkeit der Kinder zu wahren.
Wir haben uns daher entschieden die Anio 6 Kinder SmartWatch zu nutzen, aber eben nicht ständig. Die ersten Wochen wird der Mausebär sie nicht mit in die Schule nehmen. Ich möchte, dass mein Kind weiß, das es den Tag auch ohne vermeintliche Standleitung zu Mama und Papa schafft. Wenn das Selbstbewusstsein und die Sicherheit im Alltag der Schule da sind, können wir die Uhr einführen – vor allem für die kommenden Busfahrtage. Sollte sie dann doch einmal in den falschen Bus steigen oder zu spät aussteigen weil sie geträumt hat, so kann sie sich melden und Bescheid geben.
Ich würde sagen, dass Smartwatches für Kinder sowohl Segen als auch Fluch sein können. Die Entscheidung, eine Smartwatch für Kinder zu nutzen, sollte wohl überlegt und individuell getroffen werden, um das Beste für das Kind zu erreichen. Aber ich stehe den Uhren auch nicht mehr so kritisch gegenüber wie zuvor.