Wenn man anfängt, sich mit Beikost zu beschäftigen, kommt man an dem Begriff „Baby-led Weaning“ (oder auch kurz BLW) nicht vorbei. Schnell merkt man auch dass es zwei ziemlich gespaltene Lager unter den im Netz aktiven Mamas gibt: Brei, oder BLW. Ich hingegen denke dass auch eine Mischung ihren Charme hat. Aber von vorne…

Was ist Baby-led Weaning (BLW)?

Im Grunde steckt die Erklärung schon im Namen. Baby-led heißt, das Baby übernimmt die Führung. Weaning bedeutet Entwöhnung oder auch Abstillen. Kurzum: Das Baby führt den Übergang vom Stillen zur festen Nahrung selbst an (und isst dabei auch selbstständig mit den Händen). Dabei sollte man sich vom Wort Weaning aber nicht beirren lassen: Es bleibt Beikost – wird also zum Stillen dazu gereicht. Das Baby bestimmt die Geschwindigkeit, und das heißt in den allermeisten Fällen dass noch ziemlich lange weiter gestillt wird. Baby-led Weaning wird vom Kind geführt.

Wenn das Baby alle Reifezeichen (lies meinen Artikel dazu hier) erfüllt und damit reif für Brei ist, kann man eigentlich mit BLW starten. Eine weitere Voraussetzung aber gibt es: Das aufrechte Sitzen. Da beim Baby-led Weaning auch schonmal Stückchen vom Essen in den Mund gelangen, ist die aufrechte Position noch wichtiger als beim Brei. Beim Brei sollte das Kind ebenfalls aufrecht sitzen, kann aber zum Beispiel auf dem Schoß von einem Arm gestützt sitzen.

Für eine Mischung aus BLW und Brei kann das auch ausreichend sein (dazu später mehr), aber für einen reinen Baby-led Weaning Ansatz hat das Kind so zuwenig Bewegungsspielraum in den Armen und würde nicht mit Mama und Papa gleichzeitig essen können, da immer jemand festhalten muss (und das auch lange).

Fühlen, schmecken, kleckern

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Toast und Apfelpüree? Warum nicht…

Das grundlegende Prinzip hinter Baby-Led Weaning ist das Essen mit den Händen. Den Kindern wird zu den Mahlzeiten eine gesunde Auswahl an Lebensmitteln zur Verfügung gestellt, aus denen sie selbstständig auswählen können. Schnitze von Äpfeln, Birnen oder gedämpftem Gemüse funktionieren super (Dampfgareinsätze schonen die Vitamine im Vergleich zum Kochen). Aber auch Avocado und Gurke oder gut zu greifende Nudeln (zum Beispiel Fussili) und Brotstücke gehören dazu. Dabei ist wichtig, dass die Lebensmittel nicht gewürzt (also auch nicht gesalzen) und relativ weich sind. Kinder die noch keine Zähne haben können dann mit den Kauleisten zerdrücken oder auslutschen, und kommen so auch ohne „Beissen“ an ihr Essen.

Da die Kinder das Essen bei Baby-led Weaning mit den Händen (und später Löffel) selbst zum Mund transportieren stärken sie ihre motorischen Fähigkeiten, lernen die Unterschiede in Geschmack und Haptik verschiedener Gemüsesorten kenne, und haben auch noch Spaß bei der Sauerei. Da festes Essen im Mund anders transportiert werden muss als Milch (aber auch Brei der sich fast wie Flüssigkeit verhält) ist das Essen ein Lernprozess. Anders als Trinken und Atmen ist Kauen, nach hinten schieben, und dann festes Schlucken kein Reflex sondern ein erlernter Prozess.*

Zu Beginn landet bei BLW daher nicht besonders viel zu Essen im Magen. Das ist aber nicht weiter schlimm, da Muttermilch in etwa dem ersten Jahr – mindestens aber den ersten 6 Monaten – sowieso die wichtigste Quelle an Nährstoffen und Kalorien ist. Es geht zunächst darum heraus zu finden, was wie schmeckt. Was gut schmeckt, und sich auch gut anfühlt. Was bzw. wann der Würgreflex oder Husten ausgelöst wird. Das Baby lernt wie man isst und kaut ohne die Bissen einzuatmen.**

Was wird gegessen

Im Grunde gilt für Baby-Led Weaning das gleiche wie für die Breikost: Es ist fast alles erlaubt. Verboten sollten Honig, Nüsse, Blattsalat sowie rohe tierische Produkte (dazu gehört auch Rohwurst wie Salami oder kalt geräucherter Fisch) sein – aber ich denke das ist jedem klar. Eine detaillierte Liste findet ihr in diesem Artikel.

Da die Babies bei BLW oft direkt vom Tisch mitessen und Lebensmittel serviert bekommen, die man gut mit der Hand essen kann, sollte man außerdem auf den Salz und Zucker Gehalt achten. Brot und Wienerle liegen zwar gut in der Hand, man kommt aber sehr schnell auf einen sehr hohen Salz-Konsum wenn diese zu oft gegessen werden. Auch die Menge zugesetzter Zucker sollte bei herzhaftem wie Tomatensauce für die Nudeln, Wurst oder Brot nicht unterschätzt werden.

(Ganz nebenbei sind Wiener Würstchen in den USA erwiesenermaßen der häufigste Grund für Erstickungstod bei Kindern unter 3 Jahren. In 17% der Fälle ist laut dem John Hopkins Medicine Center ein Würstchen der Übeltäter (Quelle), gefolgt von harten Bonbons (10%), Weintrauben (9%) und Nüssen (8%).)

Wie läuft eine Mahlzeit ab?

BLW: Ein Obstteller
Nicht alles von Mamas Obstteller ist BLW geeignet. An Nüssen, Trauben und Zähem können Babies sich verschlucken. Äpfel, Birnen, Banane und Erdbeeren sind dagegen super geeignet.

Dem Kind werden für jede Mahlzeit verschiedene Lebensmittel angeboten. Es wählt selbst aus und isst soviel wie es möchte – dafür wird ihm aber auch entsprechend viel Zeit gegeben.

Das Essen sollte weich gekocht sein, damit man es gut greifen und malmen kann – aber nicht sofort in den Händen zerfallen. Außerdem wird es möglichst nicht gewürzt. Das Kind isst am Besten dann, wenn auch der Rest der Familie am Tisch sitzt und speist, um das kopieren des Verhaltens der Eltern zu ermöglichen und fördern. Sollte doch mal etwas auf dem Speiseplan stehen, das man nicht mit der Hand in den Mund befördern kann, kann man einen Löffel anbieten. Gerade Kinder die zuvor schon oft Löffel zum spielen oder zum Brei essen in der Hand hatten üben das „Essen löffeln“ gern.

Es wird auch Tage geben, an denen das Baby den gesunden Brokkoli verweigert und nur Nudeln essen will. Oder nur rummatscht. Egal ob Brei oder Baby-Led Weaning. Viele Eltern lassen sich dadurch verunsichern. Ein Nährstoffmangel ist tatsächlich aber (bei gesunden, altergerecht entwickelten Kindern) selten.

In einer Studie von Dr. Clara Davies stellte man fest, dass Kinder bei entsprechend reichhaltigem Angebot trotz eigener Vorlieben fast alles probieren. Babies scheinen sehr gut zu wissen, was ihnen fehlt und was nicht – denn am Ende der Studie (die man hier lesen kann) war auch kein Kind Mangel- oder Überernährt. Nichtmal Verstopfung gab es. Auf dem Blog „Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten“ ist die Studie übrigens sehr gut zusammengefasst.

Die Universität Nottingham fand außerdem heraus, dass Kinder mit Baby-Led Weaning (BLW) Vergangenheit auch später noch gesünderes Essen bevorzugen und weniger oft mit Übergewicht kämpfen müssen. (Quelle)

Vertrauen als Grundprinzip

Das Grundprinzip von BLW und somit auch der beste Tipp ist also: Dem Baby vertrauen.

Biete viele verschiedene gesunde Lebensmittel – auch wiederholt – an. Mal wird das eine angenommen, mal das andere. Das macht aber nichts: Iss sie einfach selbst die übrig gebliebenen gesunden Sachen. Und: Lege dein Baby weiterhin oft an die Brust. Denn so lange das Baby noch viel gestillt wird bekommt es ausreichend Nährstoffe. Da kann der kleine Körper auch mal einen reinen Nudel-Tag oder gar eine trockene Nudel-Woche verkraften…

Für mehr Informationen empfehle ich euch die Beikost Bücher „Baby-Lead Weaning: Das Grundlagenbuch“ sowie „Einmal breifrei, bitte!“ rund um BLW. Außerdem die Bücher „Babyjahre“ (unbedingt!) und „artgerecht“ für übergreifende Themen.

Wie machen wir das?

Da der Mausebär noch nicht selbständig sitzen kann aber jetzt schon ganz ungehalten wird wenn sie nicht in meine Banane tatschen oder ihre eigene Gurke nuckeln darf, haben wir uns für eine Mischung entschieden.

Um ihrer Neugier und ihrem Appetit also gerecht zu werden, koche ich regelmäßig Brei (Rezepte gibt es hier). Wir bieten ihr diesen 2-3 mal am Tag an – mal isst sie mehr, mal weniger. Gern „hilft“ sie uns auch mit dem Löffel und packt ihn mit an um ihn in den Mund zu geleiten. Dabei sitzt sie meist auf unserem Schoß. Während wir essen sitzt sie auch im Newborn Einsatz unseres Stokke Hochstuhls, wegen der Lage (nach hinten gelehnt) ist dieser aber nicht geeignet für Beikost. Sie bekommt dann einen leeren Löffel zum spielen und üben. Davor und danach stillt sie meistens, und auch sonst trinkt sie über Tag und Nacht verteilt noch sehr viel.

Auf unserem Schoß bekommt sie außerdem Banane, Erdbeeren, Gurke und Avocado ganz bzw. in großen Stücken. Die kann sie mit den Fingern essen und sich um den Mund schmieren oder ausnuckeln. Der Baby-Led Weaning Anteil ihrer Ernährung ist also bisher noch recht gering. Das wird sich dann ändern, wenn sie selbst aufrecht sitzen kann – bisher macht sie aber keine Anstalten. Sie konzentriert sich bisher lieber auf brabbeln, quatschen und singen. Ganz die Mama.

Update 2023: Beim zweiten Kind haben wir den Beikost-Start wieder ganz ähnlich gemacht. Allerdings hatte ich weniger Zeit zum Brei kochen, muss ich zugeben. Und so stand noch mehr Baby-led Weaning auf dem Programm. Das Hasenkind liebte schon wie die große Schwester seine Banane und es war eins seiner ersten Worte.

Diesmal gaben wir die Getränke dazu etwas früher, da er schnell recht viel gegessen hat und auch früh auf Brot und Nudeln kaute. Diesmal direkt aus einem Glas. Tatsächlich hat er es nie runtergeschmissen. Toi toi toi. Und wieder sind wir mit der Mischung gut gefahren: Es war ein rundum sanfter und entspannter Start in die Beikost.

Wie macht ihr das mit der Beikost? Seid ihr Fraktion Brei oder Fraktion BLW? Oder auch beides? Schreibt gern einen Kommentar, oder teilt den Artikel und markiert mich!


Beikost mit Fingerfood: Was ist Baby-Led Weaning?

Fussnoten

*Morris, S.E, & Dunn-Klein, M.(2000).Pre-feeding skills: A comprehensive resource for mealtime development (2nd ed.). Austin, TX: PRO-ED, Inc.

**Case-Smith, J & Humphry, R. (2005). Feeding Intervention. In J.Case-Smith (Ed.), Occupational therapy for children (pp. 481–520). St Louis, MO: Elsevier.
Und: Morris, S.E, & Dunn-Klein, M.(2000).Pre-feeding skills: A comprehensive resource for mealtime development (2nd ed.). Austin, TX: PRO-ED, Inc.


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Author

36. Mama vom Mausebär. Weltenbummler, fest verankert in und um Köln. Crossfitter und Eishockeyspielerin. Ernährungs-Besserwisser.

1 Comment

  1. Ich habe gerade mal überlegt, wie das bei meiner Tochter damals war. Von BLW habe ich nämlich bis eben noch nichts gehört, aber irgendwie haben wir die Überbrückung von Stillzeit zu fester Nahrung ja auch hinbekommen. Ich glaube, ich habe sie auch viel probieren lassen und bin froh, dass sie auch viel mochte. Meine Nichte dagegen lehnt mit ihren 11 Jahren immer noch sehr viele Lebensmittel ab, auch soviel Obst und Gemüse! So schade!

    Liebe Grüße
    Jana

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